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Die Ohrakupunktur gibt es in zwei Versionen: einmal die chinesische und zum anderen die französische, die eigentlich als Auriculotherapie bezeichnet wird, unter diesem Begriff bei uns jedoch nicht geläufig ist.
Dr. Paul Nogier (1908 - 1996), ein Arzt aus Lyon, fiel an einigen seiner Patienten kleine Vernarbungen an der Ohrmuschel auf. Auf sein Nachfragen hin erfuhr er, dass es in der Volksmedizin üblich war, bei z.B. Ischias, bestimmte Punkte im Ohr zu "brennen", also mit einem glühenden kleinen Eisen zu berühren und durch diese Behandlung würden die Beschwerden vergehen. Dr. Nogiers Neugier war geweckt und er erforschte das Thema der Ohrmuschel und ihren Zonen. 1956 erschien seine erste Veröffentlichung dazu und die Auriculotherapie war geboren.
Der Unterschied zur chinesischen Ohrakupunktur ist gravierend, den ich hier etwas vereinfacht schildern möchte. In der chinesischen Form entspricht jedem Organ oder Körperteil ein genau zugeordneter Punkt in der Ohrmuschel und dieser Punkt wird bei der entsprechenden Beschwerde durch Vermessen gesucht und genadelt.
In der französischen Form, also der Auriculotherapie, entspricht hingegen jedem Organ oder Körperteil eine unterschiedlich große Zone. Bei Beschwerden werden innerhalb der dem Organ oder Körperteil zugehörigen Zone in der Ohrmuschel mit einem Punktstift der exakte Schmerzpunkt ermittelt und kurz massiert. War der Punkt korrekt und spricht die Beschwerde auf die Behandlung an, muss umgehend eine mehr oder weniger deutliche Besserung zu bemerken sein. Besteht kaum oder keine Besserung, muss der genauere Punkt gesucht werden. Wobei es auch zu bedenken gilt, dass die Beschwerde eventuell mit der Auriculotherapie nicht zu behandeln ist.
Der korrekte Schmerzpunkt ist daran zu erkennen, dass es zum "Grimassenzeichen" kommt, wie Dr. Nogier das nannte: der Patient verzieht das Gesicht! Wenn Patienten bei der Behandlung also sagen: "Au ja, da tut´s weh!" antworte ich immer: "Wer spricht hat noch Reserven!" und suche weiter. Ist dann der richtige Schmerzpunkt gefunden, kommen keine Worte mehr, sondern das Grimassenzeichen! Aber keine Sorge, die Schmerzen sind gut auszuhalten und nur kurz!
Die Effektivität dieser Methode beruht auf zwei Dingen: durch die sofortige Besserung ist zu erkennen, dass die Therapie anschlägt und am Grad der Besserung kann ich absehen, ob eine Sitzung reicht oder zwei bis drei Sitzungen notwendig sein werden. Schneller geht es nicht mehr! Interessant ist, dass bei den weiteren Sitzungen der Schmerzpunkt leicht gewandert ist und sich nun etwas versetzt findet. Er ist also immer noch in der entsprechenden Zone, aber nicht mehr am gleichen Platz wie zuvor.
Im Anschluss an die Behandlung wird auf den Schmerzpunkt ein kleines hartes Senfkorn aufgeklebt, mit dessen Hilfe die Patienten den Punkt weiterhin stimulieren können, durchaus mehrmals am Tag. Damit wird der Heilimpuls aufrecht erhalten und immer wieder aktiviert. Sobald der Punkt im Ohr nicht mehr schmerzhaft auf den Druck reagiert, muss die Beschwerde verschwunden sein. Wenn sie noch leicht besteht oder irgendwann wiederkehrt, ist der Zeitpunkt für die nächste Sitzung gekommen. Erfahrungsgemäß genügen eine bis drei Sitzungen bei akuten Schmerzzuständen, selten mal können es bis zu sechs sein.
Eine Nadelung des Punktes ist durchaus möglich, wird aber von mir nur sehr selten angewandt und ist in der Regel auch nicht notwendig. Damit ist diese Therapie auch interessant für alle Menschen mit Nadel-Angst!